Willi Valotti enthüllt: Die verborgenen Schätze der Schweizer Volksmusik

Mit über 200 Eigenkompositionen und mehr als 1.000 Aufnahmen hat ein Name die Schweizer Volksmusik besonders geprägt: Willi Valotti. Tatsächlich gilt der 72-jährige Akkordeonist heute als einer der einflussreichsten Musiker der Innerschweizer Ländlermusik.

Seine beeindruckende musikalische Reise begann bereits im Alter von sechs Jahren mit seinem ersten Akkordeon. Während er heute bis zu 120 Auftritte im Jahr absolviert, beweist er seine aussergewöhnliche Vielseitigkeit – von traditioneller Volksmusik über Tango bis hin zur leichten klassischen Musik.

In diesem Artikel tauchen wir ein in die faszinierende Welt von Willi Valotti und entdecken gemeinsam die verborgenen Schätze der Schweizer Volksmusik, die er über Jahrzehnte hinweg bewahrt und weiterentwickelt hat.

Willi Valotti: Ein Leben für die Schweizer Volksmusik

Der am 7. Juli 1949 in Wattwil geborene Willi Valotti trägt die Volksmusik förmlich in seinen Genen. Als Bürger von Ennetbühl im Toggenburg und Brescia in Italien verkörpert er die grenzüberschreitende Kraft der Schweizer Volksmusik. Seine musikalische Reise begann nicht in einem Konservatorium, sondern im eigenen Zuhause.

Frühe Einflüsse und musikalische Prägung

“Die Musik kam zu mir, wohl schon im Mutterbauch”, erinnert sich Valotti. Seine Eltern waren begeisterte Anhänger der Innerschweizer Ländlermusik und lauschten sonntags am Grammophon den Schellackplatten von Kaspar Muther – jenem Klarinettisten, der später Mitbegründer der legendären Kapelle Heirassa wurde und mit dem Valotti selbst musizieren sollte.

Als die Familie ein erstes Radio erhielt, war Willi sieben Jahre alt. Vorwiegend volksmusikalische Sendungen erklangen in den Wänden seines Elternhauses. Besonders prägend war jedoch sein Onkel, der im gleichen Haus wohnte und als musikalisches Multitalent im Toggenburg bekannt war. Er beherrschte Klarinette, Kontrabass, Handorgel und Schwyzerörgeli – eine Vielseitigkeit, die später auch Valottis Musikerleben kennzeichnen sollte.

Die ersten Schritte mit der Handorgel

Im zarten Alter von fünf Jahren bekam Willi sein erstes “Örgeli” geschenkt – von seinem Onkel Ernst Zweifel. Allerdings schepperte das Instrument in den ersten vier Tagen mehrmals die Treppe hinunter, und seine Akkordeonkarriere wurde vorübergehend auf Eis gelegt. Ein Jahr später schenkte ihm derselbe Onkel erneut ein Örgeli – diesmal mit nachhaltigem Erfolg.

Fortan erhielt der kleine Willi jeden Morgen vor der Schule eine Unterrichtsstunde von seinem Onkel. Er lernte schnell und hätte am liebsten noch am selben Tag die nächste Lektion gehabt. Mit nur 13 Jahren komponierte er bereits seine ersten Ländlermelodien. Seine ersten öffentlichen Auftritte absolvierte er mit etwa sieben Jahren gemeinsam mit seinen Brüdern Ruedi (Akkordeon) und Ernst (Kontrabass).

Von Heirassa bis Wyberkapelle: Stationen einer Karriere

Den Durchbruch erlebte Valotti, als er mit 20 Jahren Mitglied der renommierten Kapelle Heirassa wurde (1969-1980). “Für mich war das damals die beste Musikkapelle mit den besten Musikern überhaupt”, schwärmt er noch heute. An bis zu hundert Auftritten pro Jahr prägten sie den konzertanten Innerschweizer Stil massgeblich[72].

Nach seiner Zeit bei Heirassa gründete Valotti sein eigenes Trio und erweiterte sein Repertoire. Mit den Alderbuebe widmete er sich der Appenzellermusik[72]. 2002 folgte ein weiterer Meilenstein: die Gründung von Willis Wyberkapelle mit Andrea Ulrich, Gaby-Isabelle Näf und Claudia Muff (später ersetzt durch Martina Rohrer).

Heute zählen zu seinen Hauptformationen neben Willis Wyberkapelle auch die Alderbuebe, das Item-Quartett und diverse andere Projektzusammenarbeiten. Bemerkenswert: Jede Formation verfügt über ein eigenes Repertoire von rund hundert Musikstücken.

Für seine herausragenden Verdienste erhielt Valotti zahlreiche Auszeichnungen, darunter den Prix Walo (1999), den Goldenen Violinschlüssel (2003) und den Schweizer Musikpreis (2018).

Tradition trifft Wandel: Wie sich Volksmusik mit Valotti veränderte

Die musikalische Laufbahn von Willi Valotti steht für einen einzigartigen Brückenschlag zwischen Tradition und Innovation in der Schweizer Volksmusik. Als virtuoser Akkordeonist hat er nicht nur bewahrt, sondern auch erneuert.

Warum Vielfalt für Valotti zentral ist

“Ich mag die Vielfalt”, erklärt Valotti selbst zu seiner musikalischen Philosophie. Nach seiner Zeit bei der Kapelle Heirassa, wo er an bis zu hundert Auftritten jährlich fast immer das gleiche Repertoire spielte, suchte er bewusst nach Abwechslung. Mit den Alderbuebe entdeckte er die Appenzellermusik mit Hackbrett und Geige als willkommene Erweiterung seines musikalischen Horizonts. Diese Liebe zur Vielseitigkeit spiegelt sich in seinem Leitsatz wider: “Die Schweizer Volksmusik ist ein Stück Kultur, welches sich lohnt zu pflegen und weiter zu entwickeln”.

Die Rolle der Eigenkompositionen

Mit über 200 Eigenkompositionen hat Valotti das Repertoire der Schweizer Volksmusik erheblich bereichert. Besonders bemerkenswert ist sein Experimentiergeist: Der von ihm komponierte “Tschess-Ländler” im ungewöhnlichen 5/4-Takt bricht bewusst mit der Konvention, dass ein Ländler traditionell im 3/4-Takt steht. Ebenso beeindruckend ist sein Foxtrot “Valotria” – ein Wortspiel aus “Valotti” und “Allotria”. Viele seiner frühen Kompositionen sind technisch so anspruchsvoll, dass heute nur junge, virtuose Musikerinnen und Musiker sie spielen können.

Zwischen Ländler, Tango und Ragtime

Obwohl der Ländler sein musikalischer Schwerpunkt ist, überrascht Valotti immer wieder mit seiner stilistischen Vielseitigkeit: “vom Tango über leichte Klassik bis zur virtuosen Valse Musette”. Diese Offenheit für verschiedene Genres hat historische Wurzeln. Bereits in den frühen Tagen der Schweizer Volksmusik bemühten sich Musiker, die Wünsche ihres Publikums zu erfüllen. So hielten durch amerikanische Einflüsse auch Foxtrott und Tango Einzug in die volksmusikalische Unterhaltungsmusik – und mit ihnen das Saxofon. Der “Schweizer Swing” wurde dadurch von Persönlichkeiten wie Jost Ribary, der Kapelle Heirassa, Carlo Brunner, René Wicky und nicht zuletzt Willi Valotti selbst geprägt.

Die verborgenen Schätze: Was Valotti bewahren will

Als leidenschaftlicher Bewahrer der musikalischen Traditionen setzt sich Willi Valotti nicht nur für das Komponieren neuer Stücke ein – er kämpft ebenso entschlossen gegen das Vergessen wertvoller Kulturschätze der schweizer volksmusik.

Vergessene Komponisten und ihre Werke

Valotti versteht sich als Hüter eines reichen musikalischen Erbes. “Ich bin ein grosser Verfechter des unverfälschten Naturjodels”, betont er mit Nachdruck. In seinen Augen verdienen besonders die Werke von Robert Fellmann, Emil Grollimund und Meinrad Lienert – Komponisten, die er zutiefst verehrt – mehr Aufmerksamkeit.

Allerdings bereitet ihm die zunehmende Vereinfachung traditioneller Werke Sorgen: “Ich denke, dass sich diese Grössen im Grab drehen würden, wenn sie die Simplifizierung dessen hörten, was sie einst geschaffen haben”. Besonders am Herzen liegt ihm dabei, dass Authentizität nicht mit Anspruchslosigkeit verwechselt wird.

Seltene Instrumente der Schweizer Volksmusik

Neben dem musikalischen Repertoire widmet sich Valotti auch der Bewahrung besonderer Instrumente. Ein beeindruckendes Beispiel ist die “Cardinal” – ein Akkordeon, das unter Volksmusikanten als wahre Perle gilt. Als die Produktion dieses Instruments eingestellt wurde, machte er sich persönlich auf den Weg nach Castelfidardo, der “Akkordeonhauptstadt” Italiens.

Nach intensiver Suche fand er schliesslich einen Hersteller, der die Cardinal mit ihrem satten, unverkennbaren Klang nachbauen konnte. Dadurch lebt ein wichtiges Stück Kulturgeschichte weiter und bereichert die schweizer volksmusik instrumente auch für kommende Generationen.

Notenhefte als kulturelles Gedächtnis

In seinem Musikgeschäft in Nesslau verkauft und pflegt Valotti nicht nur Instrumente – er bewahrt auch wertvolle schweizer volksmusik noten. Seine eigenen Kompositionen – mehr als 200 an der Zahl – hat er teilweise in Sammelbänden wie “Volksmusik Porträt” oder “Mini Musig” veröffentlicht.

Ausserdem hat er über die Jahre hinweg zahlreiche historische Notenhefte gesammelt und bewahrt. Diese Sammlung bildet ein unschätzbares Archiv der schweizer volksmusik komponisten vergangener Zeiten und dient als kulturelles Gedächtnis einer Musikform, die mehr als blosse Unterhaltung ist – sie vermittelt “das Gefühl von heimatlicher Geborgenheit, Identität und Zugehörigkeit zu einer Region”.

Was bleibt: Valottis Vermächtnis für kommende Generationen

Nach jahrzehntelangem Wirken hinterlässt Willi Valotti ein reiches Erbe für die nächsten Generationen von Volksmusikanten. Im Frühling 2025 gab er im KKL Luzern sein letztes grosses Konzert – ein abschliessendes musikalisches Feuerwerk vor seinem wohlverdienten Ruhestand.

Die Bedeutung von Jodeln und regionalen Stilen

Obwohl primär als Akkordeonist bekannt, hat Valotti auch in der Jodelszene bedeutende Spuren hinterlassen. Auf Anregung des Musikproduzenten Alex Eugster komponierte er rund 20 Jodellieder und leitete von 1973 bis 2011 den Jodelclub Männertreu Nesslau-Neu St. Johann. “Ich bin ein grosser Verfechter des unverfälschten Naturjodels”, betont er selbst.

Bemerkenswert sind Valottis Erkenntnisse zur regionalen Vielfalt: “Ich habe gerade auf meinen Auslandtourneen die Erfahrung gemacht, dass sich längst nicht jeder Schweizer von der gleichen Volksmusik berühren lässt: Ein Appenzeller braucht dazu ein Zäuerli, eine Innerschweizerin ein urchiges Muotathaler Tänzchen und im Berner Oberland rührt eher ein Jodellied oder ein Naturjutz”.

Junge Talente und fehlende Plattformen

Besonders am Herzen liegt Valotti die Förderung des Nachwuchses. Das jährliche Heirassa-Festival in Weggis, an dessen Programmgestaltung er mitwirkt, bietet gezielt eine Plattform für junge Musikantinnen und Musikanten. “Der Nachwuchs geniesst bei uns einen grossen Stellenwert”, heisst es seitens der Veranstalter.

Allerdings sieht Valotti auch Defizite: “Junge Künstler, die in der schweizer volksmusik andere Wege gehen, haben in der Schweiz kaum eine Plattform”. Auch die Publikumsgewohnheiten betrachtet er kritisch: “Das Publikum will am liebsten die Musik hören, die es kennt”.

Valottis Blick auf die Zukunft der Volksmusik

Mit seinem Leitsatz “Die schweizer volksmusik ist ein Stück Kultur, welches sich lohnt zu pflegen und weiter zu entwickeln” positioniert sich Valotti klar zwischen Tradition und Innovation. Er erkennt durchaus die Notwendigkeit zur Weiterentwicklung: “In jeder Musiksparte sind Neuerungen oder Weiterentwicklungen zu beobachten”.

Dennoch beobachtet er einen gewissen Graben “zwischen den Bewahrern der traditionellen und den Vertretern der zeitgenössischen Musik”. Seine eigene Position dazu ist differenziert: “Obwohl sich meines Erachtens Musik weiter entwickeln soll, muss Althergebrachtes aber ebenso gepflegt werden”.

Nach über 60 Jahren auf der Bühne blickt Willi Valotti auf ein musikalisches Schaffen zurück, das die schweizer volksmusik nachhaltig geprägt hat – als Botschafter einer lebendigen Tradition, die es wert ist, bewahrt und zugleich behutsam weiterentwickelt zu werden.

Schlussfolgerung

Tatsächlich verkörpert Willi Valotti wie kein anderer die Seele der Schweizer Volksmusik. Seine beeindruckende Reise von einem sechsjährigen Jungen mit seinem ersten Akkordeon bis hin zu einem der einflussreichsten Musiker der Innerschweizer Ländlermusik zeigt die wahre Kraft der Tradition.

Allerdings liegt Valottis besondere Stärke nicht nur in der Bewahrung des Althergebrachten. Seine über 200 Eigenkompositionen beweisen, dass Volksmusik lebendig bleiben und sich dennoch weiterentwickeln kann. Schliesslich hat er durch seine vielfältigen musikalischen Projekte – von der Kapelle Heirassa bis zu Willis Wyberkapelle – neue Massstäbe gesetzt.

Zusammenfassend steht Willi Valotti für eine Volksmusik, die ihre Wurzeln ehrt und gleichzeitig mutig in die Zukunft blickt. Seine jahrzehntelange Arbeit als Musiker, Komponist und Bewahrer kulturellen Erbes wird auch kommende Generationen von Volksmusikanten prägen und inspirieren.

FAQs

Q1. Wer ist Willi Valotti und was macht ihn in der Schweizer Volksmusik so bedeutend? Willi Valotti ist ein renommierter Akkordeonist und Komponist, der die Schweizer Volksmusik massgeblich geprägt hat. Mit über 200 Eigenkompositionen, mehr als 1.000 Aufnahmen und seiner Vielseitigkeit in verschiedenen Musikstilen gilt er als einer der einflussreichsten Musiker der Innerschweizer Ländlermusik.

Q2. Wie hat Willi Valotti zur Weiterentwicklung der Schweizer Volksmusik beigetragen? Valotti hat durch seine Eigenkompositionen und seine Offenheit für verschiedene Musikstile die Volksmusik erneuert. Er experimentierte mit ungewöhnlichen Taktarten, komponierte technisch anspruchsvolle Stücke und integrierte Elemente aus Tango, klassischer Musik und Ragtime in seine Werke.

Q3. Welche besonderen Instrumente hat Willi Valotti in der Schweizer Volksmusik bewahrt? Ein bemerkenswertes Beispiel ist die “Cardinal”, ein besonderes Akkordeon. Als die Produktion eingestellt wurde, setzte sich Valotti persönlich dafür ein, einen Hersteller zu finden, der dieses Instrument mit seinem charakteristischen Klang nachbauen konnte, um es für zukünftige Generationen zu erhalten.

Q4. Wie fördert Willi Valotti den Nachwuchs in der Schweizer Volksmusik? Valotti engagiert sich für die Förderung junger Talente, unter anderem durch seine Mitwirkung bei der Programmgestaltung des jährlichen Heirassa-Festivals in Weggis. Dort erhalten junge Musikerinnen und Musikanten eine Plattform, um ihr Können zu präsentieren.

Q5. Was ist Willi Valottis Vision für die Zukunft der Schweizer Volksmusik? Valotti sieht die Notwendigkeit, Tradition und Innovation zu verbinden. Er plädiert dafür, das kulturelle Erbe zu pflegen und gleichzeitig offen für Weiterentwicklungen zu sein. Sein Ziel ist es, die Vielfalt der regionalen Stile zu bewahren und die Volksmusik lebendig zu halten, indem sie sich behutsam weiterentwickelt.